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Digitalisierung vs. Beratungsqualität

Wie beeinflussen digitale Innovationen die Beratungsleistung in unserer Branche? Heißt es wirklich „Digitalisierung vs Beratungsqualität“ oder können sich die beiden Faktoren nicht auch gegenseitig beeinflussen?
In unserem Beitrag in AIZ – Das Immobilienmagazin beziehen wir Stellung zu dieser kontroversen Diskussion.

Beitrag in AIZ 10/2020

Die Digitalisierung ist sowohl branchenübergreifend als auch im Immobiliensektor in aller Munde. Prozesse werden automatisiert und Verkäufern sowie Käufern werden digitale Lösungen für ein spannendes Immobilienerlebnis geboten. Fraglich bleibt, wie diese Innovationen die Beratungsqualität beeinflussen und welche Konsequenzen daraus langfristig folgen könnten.

Die aktuelle Corona-Situation gab der Immobilienbranche einen Schub im Thema Digitalisierung. Doch nicht nur das: Eigentümern und Kaufinteressenten schwirren nach wie vor Fragezeichen über dem Kopf. Welche Auswirkungen hat die Pandemie aktuell auf den Markt? Werden die Preise fallen? Sollte man mit dem Kaufen oder Verkaufen warten? Dementsprechend ist der persönliche Kontakt nun mindestens genauso wichtig, wie auf den Zug der Digitalisierung aufzuspringen.

Im Mittelpunkt der Digitalisierung der Immobilienwelt steht die virtuelle 360°-Besichtigung. Daneben gibt es diverse andere Tools, die die Kommunikation zwischen den einzelnen Parteien erleichtern: elektronische Signatur von Verträgen, Online-Immobilienbewertungen, Autoresponder und viele mehr.

Zeitersparnis und Veränderung des Arbeitsalltags

Nicht von der Hand zu weisen ist das daraus resultierende Einsparen von Zeit und Aufwand. Weniger Fahrtwege, weniger selbstverfasste Mails, und Immobilien werden von einer Software eingepreist. Im Wandel der Digitalisierung wird sich zukünftig mit großer Wahrscheinlichkeit der Arbeitsalltag ändern und das operative Geschäft automatisiert abgewickelt werden. Letztendlich bedarf es hiernach der Zusammenstellung eines optimalen Software- und Hardware-Mixes des Unternehmens und einer Umstrukturierung in Sachen Fachkompetenzen der Mitarbeiter. Dadurch, dass die Digitalisierung langfristig auf die Automatisierung des operativen Geschäfts zielt, werden möglicherweise in Zukunft Akquise und Vertriebskompetenzen weniger gefragt sein. Stattdessen könnten IT-Kompetenzen die Oberhand übernehmen.

Die Gefahr: Verlust der Beratungsqualität

Oberflächlich betrachtet entfacht die Digitalisierung für Immobilienunternehmen einige Vorteile. Die Kehrseite der Medaille befindet sich jedoch im Kern des operativen Geschäfts: Eine qualitative individuelle Beratung und Betreuung von Kunden.

Während harte Immobilienfaktoren von digitalen Lösungen analysiert und bewertet werden können, besteht die Gefahr, dass die weichen Faktoren der Kunden zukünftig völlig außer Acht gelassen werden. Emotionen, Wünsche, Bedürfnisse oder sogar Ziele sind hier das Stichwort. Jeder Mensch ist ein Unikat und muss als solches auch beraten werden. Der einen oder anderen Person mag es schwerfallen, empathisch zu sein und Emotionen sowie Bedürfnisse anderer Menschen herauskristallisieren zu können. Demnach ist es aussichtslos, dass ein Computer jemals hierzu in der Lage sein wird.

Digitale Lösungen als Hilfsmittel

Digitale Innovationen sollten zukünftig eine Unterstützungsfunktion einnehmen und den Mitarbeitern im Vertrieb sowie in der Akquise assistieren. Insbesondere überflüssiger Besichtigungstourismus kann durch die virtuelle 360°-Besichtigung vermieden werden, sodass der Fokus auf die tatsächlichen Kaufinteressenten gelegt werden kann. Auch bürokratische und organisatorische Prozesse, wie beispielsweise elektronische Vertragsunterzeichnungen oder Terminbestätigungen via Autoresponder, können mit Hilfe diverser Software vereinfacht und schneller abgewickelt werden.

Beratungsqualität steigern

Die gewonnene Zeit durch die digitalen Hilfsmittel muss schließlich in die Qualität der persönlichen und individuellen Beratung investiert werden. Kunden können nun noch intensiver beraten werden, da der Computer nun die Routinearbeiten rund um das operative Geschäft erledigt. Obendrein kann die Zeit ebenso in Weiterbildung investiert werden, um zum Beispiel einen Expertenstatus in gewissen Nischen, wie etwa Kapitalanlagen oder Erbengemeinschaften, aufzubauen.

Ausnahmslos wird jedoch immer eines zählen: Zu Kunden muss ein Vertrauen auf persönlicher Basis aufgebaut werden. Immobiliengeschäfte sind von Zwischenmenschlichkeit geprägt. Das darf in Zeiten der Digitalisierung niemals aus den Augen verloren werden. Langfristig könnte dies nämlich fatal die Beratungsqualität beeinflussen und dem Image der Branche schaden.

Letztendlich werden Geschäfte zwischen Menschen gemacht. Gerade in der Immobilienbranche sind und bleiben es auf jeden Fall die menschlichen Mitarbeiter, die das Unternehmen repräsentieren und voranbringen – und nicht etwa ein Computer, der Immobilientransaktionen abwickelt.

 

Maximilian Decker, CEO

AIZ Digitalisierung vs Beratungsqualität